Das Hawk-Eye hat sich im Tennissport längst etabliert. Seit seiner Einführung im Jahr 2006 ist es fester Bestandteil bei kleinen und großen Turnieren wie den Australian Open, Wimbledon und den US Open. Nur bei den French Open kommt es nach wie vor nicht zum Einsatz. Auf Sand, so sind sich die Experten einig, reicht der sichtbare Abdruck des Balles auf dem Untergrund aus. Doch ist das wirklich so?
Das Hawk-Eye im Tennis ist schon eine super Sache. Wenn die Profis der ATP- und WTA-Tour den gelben Filz mit über 100 Sachen in das Feld des Gegners befördern, kommt das Auge des Zuschauers oder des Schiedsrichters manchmal einfach nicht mit, ob der Ball nun im Aus oder doch auf der Linie war. Dank des Hawk-Eyes gehören diese Diskussionen längst der Vergangenheit an. Ein kurzer Blick auf den Monitor reicht aus, um zweifelsohne festzustellen, welchem Spieler der Punkt zugeordnet wird. So wird es bei drei der vier Major-Turniere gehandhabt. Aus logischem Grund.
Auf Hartplatz ist kein Abdruck auf dem Untergrund nach einem Ballwechsel erkennbar. Ebenso wenig wie auf Rasen. Da die French Open aber auf Sand gespielt werden, ist man bei diesem Major der Meinung, dass es den Videobeweis nicht braucht. Schließlich sieht man eindeutig, wo der Filz den Boden berührt hat. Zudem soll das Hawk-Eye mit dem Unebenheiten eines Sandplatzes Probleme haben. Nach jeder Partie müsse man das System neu kalibrieren. Zu viel Aufwand für zu wenig Ertrag. So zumindest die offizielle Meinung in Paris. Dass es in der Praxis aber doch hilfreich sein könnte, zeigen zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit.
Das Aus von Marton Fucsovics in Rom griff zuletzt auch die Welt auf. Der Ungar schied beim ATP-Turnier in Rom gegen Nikolos Bassilaschwili aus. Der Georgier verwandelte seinen Matchball mit einem vermeintlichen Doppelfehler. Anschließend fotografierte Fucsovics den Abdruck mit seinem Smartphone. Darüber wurde im Netz eifrig diskutiert. Kollege Denis Shapovalov sprang dem Ungarn zur Seite. Auch er sprach sich daraufhin für ein Hawk-Eye auf Sandplätzen aus.
Ein weiteres Beispiel ist das Match zwischen Andrey Rublev und Fabio Fognini in den Masters in Monte Carlo. Ein Schlag von Fognini landete klar im Aus, das bestätigten auch die Bilder im Fernsehen. Doch der Schiedsrichter überprüfte unglücklicherweise den falschen Abdruck im Sand und vergab den Punkt an Fognini. Darüber berichtete unter anderem Mytennis.
Zumindest beim letzten Grand Slam des Jahres, den US Open, müssen sich die Spieler keine Gedanken über Fehlentscheidungen machen. Dann wird das Hawk-Eye, wie zuletzt in Wimbledon, eingesetzt. Quoten für das Highlight in New York ab 26. August gibt es bereits bei Betfair: Titelverteidiger Novak Djokovic ist mit einer Quote von 2,25 wieder einer der Top-Favoriten neben Rafael Nadal (6,00) und Roger Federer (13,00). Apropos Federer. Der Maestro hat nicht nur gute, sondern auch schon sehr emotionale Bekanntschaften mit dem Hawk-Eye gemacht. 2017 in Melbourne holte er sich nach einer Challenge von Rafael Nadal im Finale aufgrund der Videoentscheidung seinen 18. Grand-Slam-Titel. Das wäre auf Sand unmöglich gewesen.
Daher prüft man bereits die Alternativen. Stichwort „Foxtenn“: Das Konkurrenzprodukt setzt im Gegensatz zum Hawk-Eye auf echte Bilder von rund um den Court platzierten Hochgeschwindigkeits-Kameras. Dieses System scheint auch auf Sand zuverlässig zu funktionieren. In Barcelona wird es bereits eingesetzt. Immer mehr Veranstalter wollen nachziehen. Vielleicht hat sich die Diskussion um das Hawk-Eye damit von selbst bald erledigt.
Ich persönlich finde den Sport charmanter, wenn nicht auf technische Hilfsmittel zurückgegriffen wird. Meiner Meinung nach gehören diese kleinen Fehlentscheidungen zum Spiel dazu und machen das Ganze mit interessant. Allerdings steht mittlerweile wirtschaftlich so viel auf dem Spiel, dass diese kleinen Fehlentscheidungen teilweise Millionen kosten. Insgesamt ein Trend, der mich immer weiter vom Business Sport abkehren lässt.